Nachdem wir unserer HiFi-Anlage alle Feinheiten der Audio Hygiene zuteil werden liessen, hören wir immer feinere Details. Und nachdem der Weg ja das Ziel ist in unserem audiophilen Hobby, winken auch immer neue Möglichkeiten zur Verbesserung. Aufmerksamen Lesern meiner HighEnd München Besuchsberichte ist sicher die Faszination aufgefallen, die Open Baffle Lautsprecher von Spatial Audio bei mir hinterlassen haben und da speziell auch die verwendeten Anticable, unverschämt dünn, unpraktisch steif, aber unfassbar gut im Klang. Seither lies mich die Suche nach ähnlichen Kabeln nicht mehr los. Und so wurde ich ein „Solid Core“ Anhänger.

Statt vieler Wege nur einer

Litzenkabel

Übliche Kabel im HiFi Umfeld sind so gut wie alle als Litzen aufgebaut, dh viele dünne Drähte werden zusammengedreht in der Produktion und ergeben ein dickes, gut biegsames Kabel mit geringem Widerstand. Dazu kommt noch zumeist eine Isolation aus PVC oder – bei besserer Qualität – Teflon. Schirm aus Kupfergeflecht oder gar Kupferfolie schätz vor Einstrahlungen bei Kabeln die kleine Signale führen, Lautsprecherkabel sind zumeist nicht geschirmt da sie größere Signale führen und niederohmig abgeschlossen sind.

Nun gibt es Anhänger der Theorie, dass sich zwischen den einzelnen Drähtchen genauso wie zwischen Isolierung und Leiter einige Vorgänge abspielen, die das Klanggeschehen beeinflußen und daher vermieden werden sollten. Damit kommt „Solid Core“ ins Spiel, statt vieler Drähte nur einer, natürlich dicker und damit auch steifer.

Am Bild sieht man ein Netzkabel aus 3 Drähten, mit PVC isoliert. Anticable aus den USA umschliessen ihre „Drähte“ nicht mit Teflon oder PVC, sondern nur mit dünnem aber signalrotem Lack, beide Drähte werden dabei miteinander leicht verdrillt um Einstreuungen zu minimieren. Anzahl und Weite des Drills ist bereits eine empirisch ermittelte Wissenschaft.

Solid Core Kabel

Warum in die Ferne schweifen, liegt das Gute doch in Graz

In Österreich habe ich Anticable noch nirgends gesichtet, daher war ich auf der Suche nach Alternativen. Auf einem „MQA live“ Treff bei HiFi-Team in Graz sollte, völlig unerwartet, meine Suche ein Ende finden. Auf die Frage wie er es mit „solid core“ hält, bringt Meister Czesany ohne zu zögern eine elegant graue Box von GURU, den Lautsprecherzauberern aus Stockholm.

Verpackung von GURU Solid Kabeln als graue Schachtel

Wie erwartet ist das Kabel in einer großen Schleife eingelegt, zu enge Radien sind ja nicht erwünscht, wie ein Beipackzettel noch einmal extra erwähnt. Die Bananenstecker als beidseitiger Abschluss sind NICHT aus Metall sondern Kunststoff, auch sind sie nicht gelötet sondern „nur“ geklemmt.

Dabei fällt mir ein Gespräch mit einem absoluten HiFi-Experten ein, der mir vor einigen Tagen erzählt hat, er vermeide ebenso gelötete Stecker, da es zwischen Kupfer bzw. Silber des Kabels, Lötzinn und wieder Kupfer des Steckers zu viele unerwünschte Übergänge gibt, die eine Verminderung der Feinzeichnung bewirken können. Für alle Skeptiker: Probieren geht über monieren.

Und wie klingt das jetzt ?

Mister Czesany hat bereits hingewiesen auf den eher schlanken Charakter des Kabels. Am stärksten als erster Eindruck kommt aber der Begriff Klarheit in den Sinn. Rein, neutral und unaufdringlich bestimmt das Guru Solid den Klang. Zu Beginn fast scheu, fehlt dem Klang jegliche Aggressivität, die offenbar der einzelne Leiter vermeidet. Man meint es wären weniger Höhen, bis wirklich welche auftauchen in der gerade abgehörten Aufnahme, dann sind sie voll da, genauso im Bass, nichts ist aufgedunsen, aber alles präsent, sobald es abgerufen wird. Ein kalter Verstärker klingt – kalt. Sobald er Betriebstemperatur aufgenommen hat, wird es rund und g’sund. Die Präzision des Klanges sollte aber nicht verwechselt werden mit Genelec– oder Kii-artiger Überpräsenz von „Fehlern“ der Aufnahme. Die Guru Kabel sind durchaus verzeihend, nur nicht verdeckend.

Die ganze Musiksammlung blüht neu auf

Meine Zufriedenheit ist sehr groß, mit 250.- Euro für 2 mal 3m ist der Preis des Kabels auch gerade noch im schmerzarmen Bereich. Liebhaber des großen Klanggewitters a la JBL oder Klipsch mögen weniger auf Ihre Rechnung kommen, wir, die wir eher neutraler aber flüssiger Wiedergabe zugeneigt sind , und gerne in eine Aufnahme hinein hören ohne alle Unzulänglichkeiten ins Gesicht gedrückt zu bekommen, sind am Ziel der Suche, zumindest was Lautsprecherkabeln betrifft. Wie man sich leicht vorstellen kann, sind jetzt dann Cinch/RCA Kabel an der Reihe, aber das ist eine andere Geschichte .