Der 29. Jänner 2023 markiert für mich ein Desaster. Nein, es geht nicht um das der ÖVP NÖ, es geht um einen Besuch in der Kunsthalle Krems. Eine phantastische Ausstellung in einer desaströsen akustischen Umgebung. Die Kunsthalle Krems von Adolf Krischanitz.
Vorweg möchte ich noch einmal betonen, dass die aktuelle Ausstellung „The New African Portraiture. Shariat Collections“ zum Aufregendsten und Schönsten zählt, was ich seit langer Zeit an Kunst gesehen habe. Sollten alle Leser unbedingt bis zum 4. April noch besuchen. Und sollte unbedingt auch in Wien und anderswo gezeigt werden. Warum mein Besuch trotzdem sehr getrübt war ist leicht erklärt: Die Kunsthalle Krems ist eine einzige akustische Katastrophe.
6 und mehr spiegelglatte Wände schlucken kein bißchen Schall, daher baut sich ein Nachhall auf, der einem Dom alle Ehre machen würde. Nun sollte man aber nicht den Fehler machen, eine Ausstellungshalle zum Dom machen zu wollen. Im Dom sitzen alle ruhig und wollen von überirdischer Mächtigkeit aufgeladen werden. In einer Ausstellungshalle gehen alle Besucher herum, und versenken sich in den Anblick der Kunst, möglichst ungestört und konzentriert, den Gedanken zur Kunst freien Lauf lassend.
Albtraum Nachhallzeit
Das gelingt aber in Krems kaum, da schon eine Dame mit Stöckelschuhen den ganzen Raum und auch die angrenzenden mit Unruhe füllt. Jedes auch nur geflüsterte Wort tönt wie Donnerhall überall herum, bis auch der Letzte in seiner Konzentration irritiert ist. Und jedes Schallereignis braucht mehrere Sekunden bis es verklungen ist, das nennt man Nachhallzeit.
Darüber sollten Architekten während ihrer Ausbildung zumindest ein wenig gelernt haben. Adolf Krischanitz, der verantwortliche Architekt der Kunsthalle Krems, hat offenbar die Vorlesung Akustik nicht besucht und lieber im Cafe Schillerhof Billiard gespielt. Oder was auch immer. Eigentlich habe ich seine Werke bisher geschätzt, bis gestern .
Zu allem Überfluss kreist in den Hallen in Krems auch noch eine Kunst-Expertin, die Besucher in Gespräche verwickeln will und das auch erfolgreich tut. Worauf sich natürlich alle anderen überhaupt nicht mehr konzentrieren können, da sie zwar nichts verstehen (akustisch gemeint) von der Unterhaltung, aber alles mitbekommen, auch einen Raum weiter.
Bitte nicht schlimmer machen durch Plaudern im Dom
Zugegeben war ich nicht sehr freundlich zu der Dame , als sie mich „nicht stören“ wollte und auch mit mir plaudern. Was ich anlässlich der absolut ungeeigneten Umgebung natürlich dankend abgelehnt habe, da ich Andere nicht um Ihren Kunstgenuss bringen will.
Ich verstehe , dass ein Architekt vielleicht den Fokus so aufs optische gelegt hat, dass seine Ohren nicht im Betrieb sind. Und das dazwischen offensichtlich auch nicht, sonst müsste er die Anwendungsfeindlichkeit seiner Architektur beim ersten Besuch begriffen haben. Dass auch in seinem ganzen Team niemand ist, der seine Ohren und sein Hirn zu benutzen weiss, um das akustische Desaster zu beseitigen, stimmt mich besonders traurig. Da von dort ja noch viele Neue Bauten kommen werden vermutlich.
3,5 Millionen Euro hat der Umbau gekostet. Schon eine Schicht hoch effizienter Akustikplatten würde die Situation dramatisch verbessern , wie zB. das Beispiel Rodaun bewiesen hat. Deren Kosten hätten weit weniger als 10 % der Umbaukosten ausgemacht, den Nutzwert aber um ein vielfaches gesteigert.
Besteht noch Hoffnung auf Abhilfe?
Das weder von der Auswahlkommission , noch von den Geldgebern , also unseren Volksvertretern in Krems auch nur einer auf die unzumutbare Ausführung hingewiesen hat, ist ein Kulturdefizit größeren Ausmaßes. Alle genannten hätten auch nur die Bediensteten fragen müssen , die tagtäglich an ihrem Arbeitsplatz leiden unter der Folter von Stöckelschuhen und zur Unkenntlichkeit verunstalteten Wortspenden. Eigentlich müsste ja die Gewerkschaft 25 % Erschwernis-Zuschlag fordern für die Bewacher der Museumshallen. Dann würde vielleicht jemand auf die Idee kommen, das Übel zu beseitigen. Aber Gewerkschaften gibts ja glaub ich nicht in Niederösterreich. Aber vielleicht bald. Siehe oben.
PS Doch nicht Schuld des Architekten?
Nachdem ich den Artikel geschrieben habe, hatte ich ein Gespräch mit einem befreundeten Architekten darüber. Der hat mich darauf hingewiesen, dass er nicht daran glaubt, dass Architekt Krischanitz und sein Team nichts über Akustik wissen. Viel wahrscheinlicher sei, dass „Bürokraten“ gegen Ende der Realisierung Einsparungen erzwungen haben, die massive Eingriffe in die Funktionalität des Gebäudes bedeuten können. Aus diesem Grund sei heutzutage gang und gäbe dass österreichische Architekten nur mehr in weit entfernten Ländern realisieren bzw. arbeiten, weil dort noch das Wort des Architekten als verbindlich gilt.
Das klingt für mich einleuchtend, und wäre ein Grund sich bei Herrn Krischanitz zu entschuldigen. Wer aber wäre dann verantwortlich für das letztendlich verbleibende Desaster? Das würde mich echt interessieren. Hinweise auch anonym nehm ich gerne, offizielle Stellungnahmen werden selbstverständlich veröffentlicht.