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Störfaktor Internet-Modem – ein Interview mit dem Experten von HeimkinoPlus

Für alle mit Streaming beschäftigten Freunde audiophilen Genusses ist die Frage von sauberem Strom zu einem der wichtigsten Phänomene geworden. Auf der „Fine Audio Show“ in Wien habe ich Gerd Wallner von HeimkinoPlus  in Kärnten getroffen und mit ihm philosophiert darüber. Da er sich als absoluter Langzeit-Experte entpuppt hat, haben wir nachher ein Interview geführt (per Mail). Lest selber:

  • Seit wann beschäftigen Sie sich mit dem Einfluss von Internet-Modems auf die Tonqualität beim Streamen?

Seit dem Jahr 2013 setzen wir uns intensiv mit Musik-PCs, Servern und der dazugehörigen Peripherie auseinander. Ein Schlüsselerlebnis war der Bericht eines befreundeten IT-Technikers, wonach bei einem Projekt Probleme durch eine minderwertige Patchverkabelung im Serverschrank verursacht wurden. Die zu kurzen oder qualitativ schlechten Kabel führten zu Paketverlusten und dadurch zu Störungen bei der Datenübertragung. Mithilfe eines Fluke Networks LinkRunner (ein Gerät zur Netzwerkanalyse) konnte das Problem relativ einfach identifiziert werden.

Der Gedanke, dass digitale Nullen und Einsen bei der Übertragung verloren gehen oder falsch ankommen können, machte mich hellhörig – insbesondere zu einer Zeit, als das Streaming-Zeitalter gerade begann. 2015 war TIDAL in Mitteleuropa noch kaum bekannt. Spotify kannte man zwar, aber von täglicher Nutzung war man hierzulande noch weit entfernt.

Gerd Wallner HeimkinoPlus

Die Frage, die sich mir stellte: Wenn ein Kabel einen Server beeinträchtigen kann – beeinflusst es dann auch beim Streaming die Klangqualität? Gibt es Lösungen seitens der Industrie? Wie der Zufall es wollte, erwähnte einer unserer Elektrotechnikmeister, dass sich die Schweizer Firma Reichle & De-Massari auf hochwertige IT-Infrastruktur spezialisiert hat. Nur eine Handvoll Betriebe erfüllt die strengen Voraussetzungen zur Installation ihrer Systeme. Dass deren hochwertigen Kupferleitungen und Netzwerkstecker tatsächlich den Klang eines Streams beeinflussen, war für uns der Startschuss einer spannenden Netzwerkreise.

Unser Ansatz: Mit der richtigen Netzwerkstruktur kann auch der analoge Hörer – sei es von Vinyl oder Tonband – die gleiche Freude erleben. Und das Beste daran: Man kann diesen Weg Schritt für Schritt über Jahre hinweg gehen.

  • Warum beeinflusst das Netzteil eines Modems den Klang beim Streamen und wie wirkt sich das aus?

Ein Netzteil muss sauber und stabil arbeiten und darf keine Störungen in die Datenleitung einbringen. Je besser die Masse gefiltert ist, desto besser klingt das Signal – besonders im Zusammenspiel mit anderen Geräten. Leider bringen viele Geräte – auch hochpreisige – gewisse Störanteile in die Kette ein. Selbst nach einem Umbau kommt eine geringe Verschmutzung ins Netz – dies sollte von Einzel gefilterten Filtern aufgenommen bzw. Abgeführt werden.

  • Warum benötigen Modems überhaupt so viel Energie – z. B. 12 V und 2,5 A? Es sind ja keine Verstärker verbaut.

Die Betriebsspannung hängt von der eingesetzten Plattform und den Bauteilen ab. Die eigentlichen Chips arbeiten mit niedrigen Spannungen, die durch Spannungsregler erzeugt werden. Oft sind mehrere Chips in einem Gerät aktiv. Der hohe Strombedarf resultiert in erster Linie aus dem Einschaltstrom, der beim Startvorgang (Boot) der Chips und Taktgeber notwendig ist.

Im Dauerbetrieb sinkt der Bedarf – abhängig davon, welche Funktionen aktiv sind. Ein Beispiel: Ein Fritz!Repeater 3000 AX benötigt beim Hochfahren kurzzeitig über 1 A, im Normalbetrieb dann nur 0,4–0,6 A. Dennoch treten auch im Betrieb Stromspitzen auf, die abgefangen werden müssen.

Antennen für WLAN oder GSM im Router erfordern ebenfalls mehr Leistung, da die Sendeleistung stromintensiv ist. Schaltnetzteile liefern trotz kompakter Bauweise vergleichsweise viel Strom, während Linearnetzteile größer dimensioniert sein müssen – sich dafür aber oft klanglich positiver auswirken.

  • Welche Maßnahmen schlagen Sie üblicherweise vor? Austausch des Steckernetzteils gegen ein Low-Noise-Linearnetzteil? Modifikation des Modems? Anderes Modem als die Standardgeräte von A1 oder Magenta?

Satte 3,5 Ampere und 12V will das Magenta Modem

Das ist ein komplexes Thema – es hängt immer von der individuellen Kundensituation ab: Budget, vorhandene Geräte, Infrastruktur. Die von Telekom-Anbietern mitgelieferten Geräte sind meist günstige, funktionale Einheiten.

Die Fritz!Box ist kein Allheilmittel – aber Kunden sind oft verblüfft, welchen Einfluss bereits der Router auf die Klangkette hat. Nach dem Prinzip „Garbage in = Garbage out“ gilt: Wenn der Kern (Router) hochwertig aufgebaut ist, erzielt man erstaunliche Klanggewinne – oft stärker als durch den Tausch eines Verstärkers oder Lautsprechers (vorausgesetzt, die Basis stimmt).

  • Was bringen bessere Ethernetkabel oder Filter wie der iFi LAN Silencer?

(Lächelt) Eine sehr gute Frage – und die Antwort ist: Es hängt von der individuellen Kette ab. Wenn noch gar nichts optimiert wurde, wird ein iFi LAN Silencer vermutlich deutlicher wahrgenommen als ein 120 €-Netzwerkkabel.

Hörbare Unterschiede bei Netzwerkkabeln setzen meist ab etwa 250 € aufwärts ein – je nach Kette. Ein besseres Kabel allein verändert noch nicht das gesamte Klangbild – und das sollte auch nicht das Ziel sein.

Deshalb kommen Kabel bei uns ganz am Ende der Prioritätenliste. Oft passen sie nach einer umfassenden Abstimmung der Kette gar nicht mehr hinein, weil die gesamte Schärfe bereits am Ursprung beseitigt wurde.

  • Ist das Netzteil des Modems irrelevant, wenn danach ein audiophiler Switch wie z.B. der Silent Angel Bonn N8 oder SOTM eingesetzt wird?

Wie bereits erwähnt: Je sauberer und stabiler das Netzteil, desto besser klingt auch der nachfolgende Switch. Audiophile Switches reagieren extrem empfindlich auf Gleichtaktstörungen – diese wirken sich wie ein Rattenschwanz bis zum Streamer aus.

Deshalb gilt auch hier: Konsequente Filterung bringt den besten Klang.

A1Modem Home

Mit 2A begnügt sich das A1 Hybrid Modem

  • In welcher Reihenfolge würden Sie bei der Netzwerk-Optimierung vorgehen?

Unser 10-Stufen-Prioritätenplan:

Step 1: Konzept, Zeitplan und Budget festlegen Step 2: Lineare Stromversorgung für alle Geräte vor dem Streamer (Router, Meshpoints, Switches) Step 3: Verwendung breitbandiger Filterleisten mit DC-Blocker, ohne Dynamikeinbußen Step 4: Gerätemodifikation des Switches, Routers, dazu gehörigen Linearnetzteile (ggf. Austausch) zur Reduktion von Ripple Noise mit abgestimmten Bauteilen Step 5: Aufbau eines abgestimmten Erdungssystems für Netzwerkperipherie Step 6: Optimierung des Hifi-Racks mit passenden Absorbern – Router, Switches & Co. sind extrem empfindlich gegenüber Mikrovibrationen Step 7: Jetzt können Kabelklang-Enthusiasten richtig loslegen – weil die Anlage auf einem neuen Level spielt Step 8: Fokus auf den DAC als musikalisches Herzstück Step 9: Raumakustik – über 70 % des Klangs entstehen im Raum. Die korrekte Aufstellung ist essenziell. Step 10: Externer Musikserver – der finale Feinschliff in einer konsequent optimierten Kette

Den ausführlichen DAC-Vergleichsbericht findet man unter:

https://www.heimkinoplus.at/die-magie-der-musik-erleben-high-end-dacs-im-vergleich/

  • Überraschender Abschluss

Unserer Erfahrung nach sollte der Austausch von Verstärkern oder Lautsprechern das letzte Mittel sein. In 99 % der Fälle sind unsere Kunden überrascht, wie gut ihr bestehendes Equipment plötzlich klingt – und das sorgt für völlig neue Hörerlebnisse.

Natürlich gibt es Fälle von Fehlentscheidungen – etwa durch reißerische Testberichte, die zu unpassenden Lautsprecherkäufen führen. Doch woher soll man auch wissen, welcher Lautsprecher in welchem Raum funktioniert, wenn selbst der Hersteller das kaum einschätzen kann? Hier hilft uns unsere Erfahrung mit vielen Setups in unterschiedlichsten Wohnräumen.

Wir sind nicht unfehlbar – und forschen stets weiter. Die Netzwerkreise scheint nie zu enden. Aber irgendwann geht es nur noch um Nuancen – und genau das macht unseren Beruf so spannend.

Das schönste Gefühl ist es, wenn unsere Kunden nicht mehr testen oder vergleichen, sondern sich einfach zurücklehnen und Musik in ihrer reinsten Form genießen. Darauf sind wir stolz – und das ist unser Antrieb für jedes neue Projekt.

Mit besten audiophilen Grüßen,
Gerd Wallner

heimkinoplus - logo

Vielen Dank an Gerd Wallner für die viele Zeit, die sie sich für unser Interview genommen haben . Näheres zu seinen Lösungen unter HeimkinoPlus.at  (nicht zu verwechseln mit HeimKino in Wien!)

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