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Besuch im Vinyl-Schlaraffenland – hinter den 7 Bergen bei den Riesen

Nachdem wir  in letzter Zeit so viel über Streaming diskutiert haben, höchste Zeit für analogen Ausgleich, und was für einen. Ich habe eine seit langem stehende Einladung ins nördliche Waldviertel angenommen und Meister Franz Hauer besucht mit seinen feinstimmigen Granit-Monstern. 

Es geht durch Wälder und Felder wo die Orte immer kleiner werden. Und dann ist man in Pfaffenschlag, wo die Häuser keine Strassennamen mehr haben, sondern eine Nummer- Pfaffenschlag 114. 

Man weiß sofort, dass man richtig ist, weil vor dem Haus ein Riesenmodell eines Plattenspielers steht, ein Geburtstagsgeschenk eines Blechschmiedes. Trotzdem täuscht das schlichte Einfamilienhaus mit Werkstatthaus daneben, weil es harmlos aussieht. Denn harmlos ist hier gar nichts. Hier wird State of The Art gebaut, hier wird aus Vinyl extrahiert, als hätte man das Masterband gar selbst als Quelle. 

Masse macht Klasse 

So könnte man die Devise von Franz Hauer beschreiben, möglicherweise seiner Ausbildung als Maschinenbauer geschuldet. Und vielleicht auch ein wenig der Umgebung, denn die erinnert an das nahe Mühlviertel mit den riesigen Granitbrocken. Wir durften zwei Modelle hören, deren Plattenteller – nicht Gesamtgewicht! sondern nur der Teller – einmal 30 kg und einmal 50 kg auf die Waage bringen. Wenn so einer einmal dreht, bringt ihn gar nichts aus der Ruhe. Gleichmässigkeit pur sozusagen. Die Platte liegt direkt am Stein, Filz wäre nach Franz Hauer ganz schlecht, auch Kork dämpft im Wortsinn den Klang. Gehalten wird die Platte innen von einem Puck, der auch mehr als 1 kg  auf die Waage bringt, 3 mal soviel als jener bei mir zuhause, den ich für ziemlich schwer gehalten habe. Und dann kommt noch ein Ring aussen über das Vinyl , noch einmal 3kg zum Festhalten. 

30 kg Plattenteller , mehrere Tonarmbasen möglich
30 kg Plattenteller , mehrere Tonarmbasen möglich
50 kg hat nur der Plattenteller
50 kg hat nur der Plattenteller

Kleiner Vorgriff auf das Ergebnis 

Was wir dann gehört haben, hat mir die Kinnlade fast ausgehängt. so weit offen blieb mein Mund. Klarheit ist der erste Begriff, der durch das Gehirn strömt. Offenheit der zweite. Präzision der angenehmen Art, nicht „aufdringlich“ wie Genelecs, die so sein müssen um dem Tonmeister die Fehler aufzuzeigen. Wobei schlechte Aufnahmen auch hier nicht gerade angenehm sind. Nur ist oft die Aufnahme nicht schlecht, sondern die Wiedergabe des Plattenspielers. Wer übrigens Plattendreher sagt oder Dreher gar, wird hier exkommuniziert. Ich halt diese Unworte nicht aus in deutschen Foren. „ Hab mir mal nen Dreher besorgt!“ 🤮

Man kann so viel lernen in Pfaffenschlag 

Natürlich spielen noch viele weitere Komponenten eine große Rolle, um diese sensationelle Wiedergabe zu realisieren. Tonarme werden nämlich auch seit längerem selber gebaut, nicht zuletzt weil der Maschinenbauer über normalerweise verwendete Lager bei fremden Projekten sehr unzufrieden war. Tonarme die wackeln, geht gar nicht. Schwingen dürfen sie auch nicht in sich. Darum ist das Topmodell aus insgesamt vier Schichten aufgebaut, beginnend mit – I am from Austria – einem Skistock. Die ja heutzutage aus exotischen Materialien gefertigt werden bei den Experten. Ein Alurohr, ein Stahlrohr, Carbonmatten gerade und verschränkt, so muss das a la Hauer sein. Trotz erheblichem Gewicht gleitet der Arm seidenweich und federleicht seitlich auf HSS Stahlkugeln . Aber jetzt noch eine große Überraschung!

Granit vom Scheitel bis zur Basis , sogar am Tonabnehmer
Granit vom Scheitel bis zur Basis , sogar am Tonabnehmer
4 Schichten Tonarm , steifer als steif

Es sei Kupfer, nicht Silber, Kupfer soll es sein

Natürlich erwarten wir alle dass das Kabel im Inneren des Rohres versilbert oder gar Silber voll sein wird. Aber o’contraire. Es ist ein reines Kupferkabel. Nein, es sind VIELE reine Kupferkabel. Kupfer hat nur 10 % weniger Leitfähigkeit als Silber, ist aber relativ leicht hochrein herzustellen. Und ganz dünn herzustellen. zB. 0,02 mm dick. Das ist 5 mal dünner als ein Haar!!

Und 200 ! von denen ergeben eine Litze für das Tonarmkabel. Die Käbelchen sind lackiert, also isoliert zueinander. Ergeben in der Summe aber eine gigantisch große Oberfläche. Und keine Ausgleichströme dazwischen. Oberfläche ist aber das wo die Energie transportiert wird. Daher ist das Klangbild offen wie ein Himmelstor. Daher klingen die Stahlzungen des E-Pianos auf „You know you know“ vom Mahavishnu Orchestra so fein ziseliert und interessant wie nie zuvor. Deshalb hört man Anblasgeräusche von Saxophon oder Trompete so unfassbar klar und fein aufgelöst.

Bei Silber muss man auch bedenken, dass es bei der Kabelherstellung zum Schuppen neigt, daher poliert Nordost seine Drähte aufwendig und teuer. Vieles spricht also für Kupfer, wenn man Details kennt, wie die beiden Experten hier. Und um das klar zu stellen, wir sprechen hier von einer Klasse a la Peter Suchy (Clearaudio) , Alt Jouk van den Hul oder Kuzma.

Delikat verstärkt muss es sein 

Natürlich kann das aus dem Tonarm-Kabel kommende Signal jetzt nur auf feinste Weise weiter transportiert werden , und dafür sorgt der Phonovorverstärker des bei dem Besuch ebenfalls anwesenden Entwicklers von Pegasus Systems  Christian Brunner. Kraftvoll, aber auch schwerelos  fliegend durch die Lüfte , der Brand-Namen ist ausgezeichnet gewählt.

Pegasus Phono Vorverstärker Dual Mono
Pegasus Phono Vorverstärker Dual Mono mit Akkuspeisung

Christian Brunner ist ein sehr ruhiger Zeitgenosse, den man leicht unterschätzen könnte. Sobald man ihm aber zuhört beim Erklären eines Sachverhaltes kommt der Dipl.Ing. und der Dr. vor seinem Namen zutage und sein Wissen ist unglaublich groß und fundiert, aber nie modisch gefärbt oder marktschreierisch vorgebracht. Deshalb verstehen sich die beiden Enthusiasten Hauer und Brunner wahrscheinlich auch so gut. Nicht viel herumreden, aber machen bis es passt. Oder noch ein Quentchen besser passt.
Auch d
er Rest der Anlage ist natürlich nicht ohne: Endverstärker Sonic Frontiers Power 1 getunt, Vorverstärker  Sonic Frontiers SFL 1 Signature, Lautsprecher Canton Reference 3.2  DC.

Handwerk hat seine Preis 

Nachdem ALLE Modelle der Werkstatt Hauer Analog Einzelanfertigungen sind, kann man den Preis der Plattenspieler auch nicht mit normalen Projekten von Massenfertigung vergleichen. Aber ähnlich wie bei Daniel Hertz geht es auch hier darum den endgültigen Plattenspieler, Tonarm oder bei Pegasus Systems den finalen Phonoverstärker zu erwerben. Für den großen Torarm muss man zwischen 5000 und 8000 Euro rechnen, im Vergleich zu einem Kuzma oder anderen Exoten ist das sehr günstig. 

Nach meinem Besuch kann ich nur sagen : „Ich verwette meine Altersrente, dass klanglich Hauer das Rennen macht“. 

Warum ich mir sicher bin ? Als Leihgabe hat mir Franz Hauer eines seiner größten Plattengewichte aus Wurzelholz mitgegeben. Sowas von direkter Verbesserung hätte ich kaum für möglich gehalten. Ich glaub da muss ich in Preisverhandlungen eintreten. Und dann sparen auf mehr Hauer im Haus Hfvienna. Auf der nächsten Messe ist Hauer Analog und Pegasus Systems auf alle Fälle ein Pflichttermin. Oder eine Fahrt ins Waldviertel. Ins Schlaraffenland für die Ohren. 

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  1. Hallo, wenn man gleiche Budget ausgibt für Zuspieler wie Eversolo DMP-A8 (Musik von interne SSD) eine Plattenspieler + phono vorverstärker welche bittet klanglich das meistens für Geld? MfG, Ludovic

    1. Die Dinge sind so keinesfalls vergleichbar. Der Eversolo ist ein hochwertiges Massenprodukt und die Hauer Plattenspieler sind Einzelfertigungen auf State of the Art Niveau. Klanglich sind beide auf ähnlichem Niveau aber nur wenn beim Streaming VORHER und nachher großer Aufwand betrieben wurde , zB Batterienetzteil des Routers etc. Also ist die Frage seriös nicht zu beantworten.

    2. Beitragskommentar

      Melchior-Christoph von Brincken sagt:

      Das Problem mit digtalen Quellen ist das Mastering. CDs oder sogar highres Files können LOUDNESSWAR MASTERING haben, d.h. wenn man nicht SACD. *.ISO files bzw, SACDs hört, kann man sich bei neueren Aufnahmen nicht sicher sein, dass sie nicht furchtbar klingen.
      SACD haben viel Textur die extrem beeindruckt, aber man weiss dann bei den ganzen Details nicht, welches Instrument man hört.
      Ein Eversolo 8 hat einen AK4493 chip, der DSD Files bitperfekt abspielt, für SACD files also super. Nur der Delta Sigma DAC-Chip rechnet der an PCM files herum, was nicht optimal ist.
      Ein non-oversampling DAC wie Sugden Masterclass (max 16bit / 48khz) klingt weniger detailiert, aber ‚richtig‘. Ein weiterer non-oversampling DAC wie der MHDT Orchid (max 16bit / 48khz) mit Röhre in der Ausgangsstufe klingt auch extrem gut. Weniger präzise, aber Dank der Röhre sehr romantisch und entspannt.
      Bei Plattenspielern kann man relativ sicher sein, dass neue Aufnahmen kein LOUDNESSWAR MASTERING haben.
      Was besser klingt? Ich denke, beim Stand der heutigen DACs ist das nicht mehr zu unterscheiden – so denn die digitalen Quellen nicht verhunzt sind.
      Am meisten Spass macht ein guter Single Ended Röhrenverstärker mit hoch sensitiven Lautsprechern und einem Röhrentuner oder einem guten Plattenspieler. Die hier gezeigten Plattenspieler sehen extrem gut gemacht aus.